Freitag, 24. Februar 2012

Homo Anonymus


Bei einer Umfrage zum Thema „Was erwarten sie vom Amt des Bundespräsidenten?“  in der Fußgängerzone bekam ich häufig die Antwort: „Politiker lügen und betrügen doch alle.“  Sie haben scheinbar eine dezidierte Meinung zur herrschenden Klasse im Allgemeinen auch wenn ein Bundespräsident eigentlich kein Politiker ist. Da setzt die politische Bildung schon einmal aus, was denn überhaupt die Aufgaben des ersten Mannes im Staate sind. Aber dieser Bildungslücke war sich keiner der so Antwortenden bewusst. 

Nachdem ich den Satz ein paar Mal gehört hatte forderte ich die Leute trotzdem auf ihre Meinung offiziell zu machen, schließlich schienen sie doch sehr überzeugt zu sein und sehr verärgert über die Politiker. Das Schimpfen ließ oft gar nicht mehr nach. Sämtliche abwertende Attribute hatten sie noch auf Lager. Warum also nicht mit Foto und Name. Nein! Erschrockenes Kopfschütteln. Sie wollen anonym bleiben. 

Anonym ist feige und lässt die Hintertür auf seine Meinung nach Belieben zu ändern und zwar nicht weil man dazugelernt hat, sondern weil es gerade Vorteile bringt. Damit stellen sich diese Menschen auf die Stufe der Politiker, deren Grundeigenschaften ihrer Meinung nach Lügen und Betrügen sind. Im Endeffekt machen sie nichts anderes, anonym kann man alles sagen und sogar an verschiedenen Orten zum selben Zeitpunkt völlig konträre Aussagen treffen. Das beweisen die vielen radikalen Äußerungen in Internetforen. In gewisser Weise dem Lügen und Betrügen der Politiker nicht unähnlich, wenn gleich die dafür mit ihrem Namen stehen. 

Die Stammtisch-Weisheit „Politiker lügen und betrügen doch alle“ hat gerade wieder Hochkonjunktur. Einer lässt die Parole los, alle anderen wiederholen sie, ohne jemals darüber nachzudenken. Deshalb verwirrte die weiteren Fragen, wie sie sich denn ein System vorstellen  ohne Politiker. Das stünde nicht zur Debatte, ohne ginge es ja auch nicht, aber mir ist das egal. Letzte verbale Ausflüchte und dann ergriffen sie die Flucht, weiter in die Gedankenlosigkeit…

Die Demokratie ist tot! Hoch lebe die Demokratie!

Oder kennt jemand vernünftige Alternativen? Dann bitte hochoffizielle Vorschläge!

Freitag, 17. Februar 2012

Gegen ACTA?

"If your government shuts down the internet, shut down your government", lautet der Spruch, der auf Facebook zusammen mit der Guy-Fawkes-Maske massenhaft geteilt wird. Viele die die Nachricht teilen, wissen nicht mal was ACTA überhaupt bedeutet, nur, dass es böse ist, undemokratisch und das "Internet abschalten will". Man sieht wie gut sich die Leute über das Internet informieren. 
 
Gut, ACTA soll auf undemokratischem Wege entstanden sein, aber kommen wir doch mal zum Kern, der eigentlich hinter den Protesten steckt. Hier gehen Leute auf die Straße, die um Freiheit kämpfen. Freiheit ist hier gleichgesetzt mit dem kostenlosen und unbeschänktem Kopieren beziehungsweise Teilen von Inhalten. Aber was sind geistige Inhalt im Webzeitalter? Gehen wir zurück in die Zeit vor dem Internet: Musik, Bücher, Artikel und Filme kamen auf Schallplatte, CD, Video oder eben Papier. Sie hatten einen materiellen Träger. Wenn einem Schriftsteller jemand sein Manuskript geklaut hat um es zu kopieren und verbreiten, dann war das Diebstahl. Keine Frage. Im Laden eine CD unter den Pullover zu stecken. Diebstahl. Keiner würde darüber diskutieren. Dabei ist es egal wie viel das Material und der Vertrieb gekostet hat, ein Teil des Verlustes ging auf Kosten des Künstlers. 

Im Internet herrscht nun Rechtsfreiheit? Eine sehr fragliche Freiheit. Es ist undemokratisch jemandem die Meinung zu verbieten. Tatsache. Langfristig ist es aber undemokratische nicht mehr ausreichend oder gar falsch informiert zu sein, weil guter Journalismus Geld kostet.